Die „Brettl-Spitzen“ zünden in der Dreiländerhalle Passau mit ihrer Mischung von Musik bis Satire
Die „Brettl-Spitzen“ werden seit zehn Jahren aus dem Münchner Hofbräuhaus gesendet und haben sich zum quotenstärksten Format am Sonntagabend im Bayerischen Fernsehen gemausert. Da sitzen die Leute in Dirndlgwand und Lederhosen am Biertisch in Bayerns berühmtesten Wirtshaus, da agieren die Volkssänger auf der Bühne in einer bayerischen Kulisse. Denn bayerisches Lebensgefühl ist hier angesagt. Mittendrin der quirlige Erfinder, Gastgeber und Moderator Jürgen Kirner.
Der ganze Saal singt „Nix amore“
Aber wie ist das in der nüchterner Passauer Dreiländerhalle, wo die beliebte Volkssänger-Show am Freitagabend live über die Bühne ging – ohne Bierbänke, ohne Kulisse, ohne Wirtshausatmosphäre, ohne jeden Druck, in Trachtdorthinzugehen.Kann das alles funktionieren? Und wie es kann!
Vor allem, weil alle gute Musiker und Unterhalter sind. Kirner zieht, wie im Fernsehen, mit seiner blau-weißen Trommel ein und wird herzlich empfangen. Das Eis, das so mancher von diesem Winterabend und langer Fahrt – viele Autos aus dem Bayerischen Wald und Oberbayern sind zu sehen – mit in die Halle gebracht hat, ist spätestens geschmolzen, als die beiden Lokalmatadore Tom und Basti auf die Bühne kommen.
Die beiden Musiker aus Mauth im Bayerischen Wald sind feste Säulen im Programm. Mit Akkordeon (Sebastian Hackl) und Gitarre (Thomas Graf) und viel Tempo im Spielen, Sprechen, Singen und Laufen bespielen sie die gesamte große Bühne von einer Seite zu anderen. Clownesk geben sie sich bisweilen – und immer keck und frech mit Spitzen gegen Gesellschaft und Politik. „Nix amore“ ist längst ein Publikumsliebling geworden, den alle aus vollem Hals mitsingen. Im alten Gwand und mit Hut präsentieren sie sich als Wirtshausmusiker alten Stils mit Urgewalt.
Die Volkssänger-Revue lebt vom raschen Ablauf der Nummern. Da einige der angekündigten Gäste (Marion Schieder, Barbara Preis und die Fexer) erkrankt sind, kommen junge Künstler zum Zug. Da beweist Moderator Jürgen Kirner ein sehr glückliches Händchen, macht die Qualität der „Brettl-Spitzen“ doch eine Mischung aus Gesang, Sketch,Couplet, Kabarett und Volksmusik aus.
Einen jungen Musiker präsentiert er mit Tobi Probst aus Kollnburg bei Viechtach, der mit Harfe und Zither sowie originellen Liedern auftrumpft. Dass Harfe nichts nur für Rauschgoldengel und Weihnachtsweisen ist, zeigt er mit selbst komponierten Liedern wie „Frauen regieren die Welt“, eine flotte Jazznummer mit einer Swing-Einlage, oder mit dem „Zither-Rock“ nach Chuck Berry.
Mit Fabian Neulinger aus Landshut steht ein weiterer Junger auf der Bühne. Der Akkordeonist und Sänger mit weichem Timbre trifft genau den Geschmack des Publikums, bietet er doch eine Mischung von Schlagern von den 20er Jahren bis heute. Da führt eine Reise nach Wien zu Hans Mosers „Hallo Dienstmann“, Peter Alexanders „Der Mond hält seine Wacht“ bis zur Brotzeit-Polka. Eine feste Säule der „Brettl-Spitzen“ ist der Liedermacher und Münchner Stadtrat Roland Hefter, der mit philosophischen Texten und Gitarre andere Akzente setzt. Er singt seine bekannten Lieder wie „Des wird schon no“ und „I dad’s macha“ – und war ziemlich selbstironisch.
Das satirische Herz des Abends ist die ebenfalls von Kirner gegründete Couplet AG, die heuer ihr 30. Jubiläum feiert. Bernhard Gruber, Jürgen Kirner, Bianca Bachmann und Bernhard Filser sorgen für Satire: Da geht’s gegen die gleichförmige Gesellschaft von Bofrostmann-Kindern, ein Klassentreffen, das aus dem Rahmen fällt, und auch ein kleiner Seitenhieb gegen den Passauer Bischof Oster findet ein Plätzchen. Witzig der Sketch zu den Klimaklebern, in dem der Bub namens Uhu eine Tesa heiratet und das erste deutsche „Klebepaar“ bildet.
Die Mischung macht’s, warum die Brettl-Spitzen auch auf Tournee eine Erfolgsgeschichte schreiben. Die 900 Besucher gehen strahlend in das eisige Winterwetter. Sie nehmen Lebensfreude mit. Und das ist momentan sehr viel.