Die Zuschauer in Wunsiedel feiern die beliebten „Brettl-Spitzen“. Besonders zwei Waldler Buam haben es ihnen angetan.
Wunsiedel - „Mir kumma gern widda”, rief Jürgen Kirner nach fast drei Stunden und mindestens drei Zugaben in den tosenden Applaus hinein. Was anderes wird ihnen auch gar nicht übrig bleiben, denn das Publikum war eindeutig heiß auf mehr: Die „Brettl-Spitzen” haben die ausgebuchte Wunsiedler Fichtelgebirgshalle wieder zum Kochen gebracht. Doch der Reihe nach:
Keine große Weltgeschichte, kein Politisieren, sondern einfach Geschichten mitten aus dem Leben, Gehörtes, Bewährtes und Brandneues, versprachJürgen Kirner, der „Vater" der „Brettl-Spitzen“, Moderator, Sänger, Schauspieler, Herz des Formats und Oberpfälzer, der sich freute, mit seinem Dialekt in „Wousiggl” verstanden zu werden. Entschuldigen musste er leider Martin Frank, der junge Kaberettist lag ohne Stimme krank im Bett. Schade. Aber dafür zündete der Rest der Künstler im Wechsel, Schlag auf Schlag, ein vielfältiges, kunterbuntes Feuerwerk:
Tom und Basti, die sympathischen Waldler Boum aus Mauth bei Freyung, haben mit Gitarre und Steyrischer, Hut und ausgelatschten Schuhen die Wunsiedler von der ersten Sekunde an im Griff und die Lacher auf ihrer Seite. „Was gedd des uns o, des gedd uns gar nix o" — „könnt auch a Politikerhymne sein“, tatsächlich handeln die frechen Strophen augenzwinkernd von kleinen Geschichten aus dem Leben. Den Refrain singen die Wousiggler trotz wechselnder Personalpronomen textsicher mit. Bei jedem Auftritt - und es sind recht viele - werden Tom und Basti mit frenetischem Applaus begrüßt.
Conny, Peter, Alexander und Freddy heißen im wirklichen Leben Andrea, Rainer, Thomas und Steffen. Als „Conny und die Sonntagsfahrer” nehmen sie ihr Publikum mit auf eine liebevolle, charmante Zeitreise in die 1950er- und 1960er-Jahre, in die Welt von Schallplatten, Wirtschaftswunder, deutschem Schlager, Conny Froboess, Peter Kraus, Peter Alexander, Freddy Quinn und anderen bekannten Größen aus jener Zeit. Bei „Konjunktur-Cha-Cha”, „Die süßesten Früchte, „Ich will keine Schokolade“, „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett”, der skandalträchtige „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini" oder „Kalkutta liegt am Ganges” erinnert man sich und singt gerne mit. Connys blonder Pferdeschwanz und der Petticoat wippen um die Wette, Peter ar der Gitarre verschenkt schmachtend-verschmitzte Blicke, Alexander kommt am Akkordeon als süßer Nerd, und Freddy begeistert am Bass mit herrlichen Grimassen und tiiiefer Stimme.
Einen musikalischen Kontrast bot die Couplet AG, die Anfang der 1990er-Jahre die totgesagte Tradition der Volksänger wieder aufgegriffen hat und seitdem mit neuem Leben erfüllt. Bei spritzig-witzigen, frechen Gesangseinlagen gepaart mit kabarettistischen Szenen „amüsiert sich jeder, so gut er eben kann“, Was für ein Segen, dass die Gruppe von der Enkelin des großen Karl Valentin die Texte geerbt hat mit der Bitte, „die Lieder vom Opa doch weiterleben zu lassen“. Herzig schrill ist der Auftritt von Frontfrau Bianca Bachmann, die FCB-Spielerfrau werden und dann voll durchstarten will. Lachsalven ernten die vier Couplet-AG-Mitglieder (neben Bianca Bachmann Bernhard Gruber, Berni Filser und Jürgen Kirner) auch bei „Papa ist der Bofrostmann“. Jürgen Kirner und Bianca Bachmann verraten die Formel für das Glück in der Partnerschaft: „Mei Alde saffd suavill wie i, daher die große Sympathie“. Das Schwitzen für das bisserl Sex rentiere sich eh nicht, dabei sei er - Kirner - eigentlich eine „Granadn im Bett” und sucht im Publikum nach jemanden für eine Zweitmeinung. Was sie wirklich scharf mache und auf Touren bringe, verrät Bianca Bachmann: Ein Bierbauch! Deswegen gehe sie so gern ins „Stüberl”, weil da die geballte Lust, die Bierbauchhasen, säßen.
Tomund Basti erzählen dann von Erfahrungen in der Familie, vom niederbayrischen Patent auf Garagenfeiern - „aber ich hob festgstellt, ich hob gor ka Garaaasch!“, vom tropfbiersaufenden Polizeihund und, dass die erstmals mitgebrachte Freundin nach dem ersten Familienfest leider nie mehr gesehen wurde. Und „hiwern“ - also sterben - müssen auch die Kerndlfresser und die nie ins Wirtshaus gehen und kein Bier trinken. „Gestern hods Wououhouououou mit Vanüllesoß gem" - „Wos für a Soß?" Dialekt wird zelebriert.
Danke dafür! Ach, und „Weiber" sagen sie lieber als „Damen“ - „weil des klingt doch vill schenna, und es heißt ja auch das weibliche Geschlecht - und nicht das dämliche!” Bei den Männern sei es wiederum gleich. Herrlich oder männlich - das ist für Tom und Basti beides voll in Ordnung. Für die Damen — oder die Weiber - und alle anderen singen sie mit einem Hauch von Italiano „Nix amore”. Singen auch von Rumtopf, Schampus, Kirschlikör und Bier natürlich. Nur beim Wasser, da hören sie auf - „Des kennds selber trinka“. Die lebendige Jukebox-Reise mit „Conny und den Sonntagsfahrern” führt anschließend im Gogomobil unter anderem nach Paris - „ganz Paris täumt von der Liebe“.
Als kinderloses Landwirtsehepaar werfen sich dann wieder Kirner und Bachmann die Wortbälle zu. An Weihnachten und Ostern seien Kinder ja schon schön. „Aber wie oft hod mer des?“ sinniert der Landwirt. Die Bäuerin schmiedet derweil Pläne, den Saustall zu einem Wallfahrtsort mit Heilquelle zum „Naggerdboodn“ umzubauen. Dann könnte auch die Hackschnitzelheizung endlich abbezahlt werden.
„Warum liebt der Vladimir grade mir und nicht dir?" Die schillernde Brettiwelt reicht von Wousiggl bis Berlin. Wiener Liedgut gibt's noch dazu - und boarische Gstanzln zum Mitsingen.
Und irgendwann ist dann nach fast drei Stunden Schluss. Aber noch nicht ganz. Denn die Wousiggler sind in Ekstase und wollen mehr. Nach dem Schlusslied „Oh wie herrlich ist das Leben“ müssen die Musiker und Sänger mindestens noch dreimal ran und das tun sie gerne: „Aber nur, wenn ihr am 29. März um 20.15 Uhr im BR zu den Brettl-Spitzen einschaltet! Die Einschaltquotenkästla hängen alle in Franken!”