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Keine Scheu vor Eigenurin haben Jürgen Kirner (von links), Bianca Bachmann und Bernhard Gruber Keine Scheu vor Eigenurin haben Jürgen Kirner (von links), Bianca Bachmann und Bernhard Gruber Hans Steininger

Witzig, bissig und bodenständig

"Tschingiding schnedredeng": Couplet AG vertreibt in Pfaffenhofen den Corona-Frust

 Pfaffenhofen - Corona-Frust abgebaut hat am Samstagabend die Couplet-AG im Innenhof des Pfaffenhofener Landratsamtes. Es war Musikkabarett der bayerischen Art, witzig, bissig und bodenständig.

Der Auftritt war völlig ausverkauft. Vier Monate lang musste das Kabarett-Quartett zuvor darben, bis es nach dem Corona-Lockdown in Pfaffenhofen quasi eine Premiere feierte.

Das Quartett liefert ab, mit Gags am laufenden Band, Pointen, Sketche, Musik und Klamauk. Letzteres, wenn Bianca Bachmann das Publikum animiert, in einem Fünf-Minuten-Crashkurs "Chinesisch" zu lernen: "Tschingiding schnedredeng, tschin tschin tschingida, naasi, wassi wuh, Kakadu, kakada" steht auf einem Zettel, den das Publikum beim Eintritt erhält. Das ziert sich nicht lange, diesen Refrain zusammen mit Bianca zu singen.

Anstelle von Klamauk ist echte Satire angesagt, wenn Jürgen Kirner, kreativer Kopf des Quartetts, masochistischen Neigungen nachgeht und beim Lied "Geh peitsch' mi" von Domina Bianca mit der Gerte traktiert wird. Als Chirurgenehepaar in Arztkitteln suchen sie nach Patienten, die sich fälschlicherweise für gesund halten. "In jedem g'sunden Menschen, steckt was Krankes drin, man muss es halt nur finden, wir schneiden uns dorthin" singt das Duo unter dem Gelächter der Zuhörer. Und setzen noch einen drauf: "Wir kennen doch ihr Innenleben, wir war'n ja schon mal drin".

Als neue Geschäftsidee schlägt Bianca ambulante OP's zuhause beim Patienten vor, als Komplettangebot in Kooperation mit einem Reinigungsunternehmen.

Aber auch die Volkssänger-Szene kommt nicht zu kurz: Kirner erinnert an Karl Valentin, der viele Couplets geschrieben hat, die meisten aber ohne musikalische Noten. Das aber besorgt Akkordeonist Bernhard Gruber, der zusammen mit Berni Filser an der Gitarre die Valentin-Verse musikalisch unterlegt: "so amüsiert sich jeder, so guad a jeder kann", singt das amüsierte Publikum den Refrain im Chor mit.

Bei "A Glaserl Eigenurin" treibt es das Quartett wieder auf die Spitze, Kirner mit einem halb mit gelblicher Flüssigkeit gefülltem Urinal in der Hand, "exakt vom Morgenstrahl", während die Bianca den Bernhard Gruber aus ihrem gläsernen Nachttopf kosten lässt: " I hob an Spargel gess'n", meint sie entschuldigend, als der Musiker sein Gesicht verzieht.

Als Gabi von der Elvira-Kuppel-GmbH vermittelt die Bianca Senioren und preist gesanglich deren Vorzüge: "Nehmas an Oid'n, der macht's bedächtig. Was ihm fehlt an Temperament, das ersetzt er durch Talent".

Eine Paraderolle für Jürgen Kirner aber ist der "Rasso vom Inkasso": Der blickt in gebrochenem, russischem Dialekt auf eine zweifelhafte Karriere zurück: Vom Wettbüro über Autohandel und Anlageberatung bis zum Geldeintreiber. Bianca Bachmann wiederum schlüpft in die Rolle eines weiblichen FC Bayern-Fans und einer Möchtegern-Influencerin, ihr Ziel ist Fußballer-Ehefrau und dafür tut sie alles, im Minirock und mit FCB-Shirt: "Mein Körper ist mein Kapital und in der Kabine helfe ich, die Seife aufzuheben".

Zu Beginn aber besingt das Quartett den "Bofrost-Mann", der im ganzen Viertel für Kindernachwuchs gesorgt hat, später wirbt das Ensemble für "Beamten-Patenschaften" oder erinnert an das "Tröpferlbad", eine öffentliche Badeanstalt früherer Jahre. Aber auch die Politik kommt nicht zu kurz: Bayern brauche keinen Corona-Impfstoff, "a Zapferl "Söder rektal", des langt in jedem Fall, ganz einfach zu dosieren, drum gleich mal ausprobieren". Und schon fliegen die (süßen) Warenproben ins Publikum, rezeptfrei, versteht sich.

Ebenso bunt wie die Themenvielfalt sind die Texte, die musikalischen Arrangements und die Rollen nebst Kostümen, in die Bianca Bachmann und Jürgen Kirner schlüpfen. Damit gelingt es der Couplet AG bestens, dieses Genre zu erhalten und immer wieder mit aktuellen Inhalten neu zu beleben. Ein Vergnügen für das Publikum, das sich bestens amüsiert. Aber auch für die Künstler, die nach ihrer Durststrecke noch ein paar Zugaben mehr drauflegen und sich darauf freuen, am 13. August an gleicher Stelle noch einmal im Rahmen des Kultursommers ihr Programm zu spielen.

Additional Info

  • Quelle: Pfaffenhofener Kurier
  • Autor: Hans Steininger
  • Datum: 06.07.2020