Aktuelle Kritik

Jürgen Kirner (von rechts) wird als flaschensuchender Rentner musikalisch von Bianca Bachmann, Berni Filser und Bernhard Gruber begleitet. Jürgen Kirner (von rechts) wird als flaschensuchender Rentner musikalisch von Bianca Bachmann, Berni Filser und Bernhard Gruber begleitet. Franz Krammer

Musik und Kabarett mit der Couplet-AG

Die Couplet-AG hat im voll besetzten Siegsdorfer Festsaal mit ihrem Programm »Die Rache der Chromosomen« für einen äußerst vergnüglichen Abend gesorgt und ihre Fans mit bestem »bayerischem Musikkabarett« begeistert.

Als Couplet-AG (Couplet Art-Erhaltungs-Gesellschaft) stehen Bianca Bachmann, Jürgen Kirner, Bernhard Gruber und Berni Filser auf der Bühne. Sie philosophieren in schönstem Bairisch über die Höhen und Tiefen des menschlichen Zusammenseins und verpacken das Ganze auch noch in feinster Manier musikalisch. Ihr hochprofessioneller Auftritt wirkt dabei aber immer sympathisch-locker. Aktuelle »Themen aus dem Leben« beherrschten das Programm »Die Rache der Chromosomen«.

So dauert es nicht lange, bis eine Besucherin aus der ersten Reihe bereit ist, dem Otto (Bernhard Gruber) und seinem »Freund« Gustl (Berni Filser) beim Umarmungstraining zu helfen. Mit stoischer Gelassenheit hält Otto den naiv-lispelnden Berni davon ab, die Gäste im Publikum mit seinem Lötkolben zu tätowieren. Da ist es schon ein Glück, dass es keinen Strom für das Gerät gibt und der Gustl stattdessen kleine Reime formuliert, denn »Mein Geist der sprüht, wenn´s der Kölberl glüht«.

Kabarettistische Höchstleistungen bieten auch Bianca Bachmann und Jürgen Kirner, wenn sie sich etwa als Bauernehepaar beim verdienten Feierabend, oder als Alkoholiker-Liebespaar im besten Wiener Dialekt perfekt ergänzen und über die Abgründe menschlichen Zusammenlebens philosophieren – alles immer bestens musikalisch verpackt und begleitet mit Diatonischer Ziach, Gitarre, Akkordeon und diversem Schlagwerk.

Als stolzes Ehepaar besingen sie ihren Sohn im »Diktatoren-Camp« oder nehmen bei »Stündlich einen Zucker-Joint« die ungesunde Lebensweise und die massive Werbung mit Süßwaren aufs Korn. Großartig dann das Solo von Jürgen Kirner im lila-grünen Trainingsanzug, der mit östlichem Akzent eine Lobeshymne auf seine Leber namens Heidi singt. Und ebenso umwerfend komisch und musikalisch herausragend, wenn Bianca Bachmann als elegante Chansonsängerin Olga ihre Leidenschaft verkündet: »Wollt ihr mich beglücken – dann lasst mich Pickel drücken« und dies auch gleich bei einem Besucher der vorderen Plätze demonstriert.

Unvermindert flott, aktuell und »entzündlich« beginnt der zweite Teil mit dem Lied »Elli – die Salmonelli«, dessen Refrain »Elli – eine von 100 Millionen« viele im Publikum bereits nach kurzer Zeit lauthals mitsingen. Politisch noch aktueller und penetrant aufdringlich ist Jürgen Kirner als Rentner beim »Flaschensammeln« – auf der Suche nach seiner speziellen Flasche, in der »Mini-Jobber Söder« als Geist gefangen sei und die von Franz Josef Strauß fest verstöpselt worden wäre.

Mit »Wir googeln dich gesund« nehmen die vier Vollblut-Kabarettisten das Gesundheitssystem ins Visier und haben dann auch noch »Senioren-Extremreisen« mit lebensverkürzendem Ausgang zur besseren Finanzierung des Rentensystems im Angebot.

Legendär dürfte der Song vom »Letzten Sozialdemokraten im Ortsverein« werden, in dem Jürgen Kirner als einsamer Sozialdemokrat, der auch noch Fan von 1860 München und »Clubberer« ist, über einen Tod durch »Metzgerin« Angela Merkel nachdenkt und als letzte Rettung von Gerhard Schröder träumt.

Andauernder und begeisterter Applaus holt die vier ausgezeichneten Sänger und Schauspieler dann noch einige Male zurück auf die Bühne. Sie bedanken sich bei den Gästen mit der ärztlichen Empfehlung »Ein Zapferl Söder rektal ist multifunktional«, verteilen auch gleich eine große Tüte der »Zäpfchen« und schließen mit dem musikalischen Ergebnis: »Beim Herrgott herrscht Verdruss, weil er sich seiner Kinder schämen muss.«

Gemeinsam beenden die Couplet-AG und ihre Gäste dann den Abend mit dem klassischen Couplet »So amüsiert sich jeder so gut er eben kann«, das den unterhaltsamen und entspannten Abend trefflich zusammenfasst.

Additional Info

  • Quelle: Traunsteiner Tagblatt
  • Autor: Franz Krammer
  • Datum: 06.03.2019