Couplet AG begeistert mit ihrem politisch hochaktuellen Kabarett
Bad Reichenhall. Beißender Humor, hintergründige Wortspiele, musikkabarettistische Einlagen und mitreißender Charme – das waren die Zutaten für einen begeisterte Abend mit der "Couplet AG" im vollbesetzten Reichenhaller "Cultino". Unter dem Motto "Wir kommen – die Rache der Chromosomen" sorgten Jürgen Kirner und seine Mitstreiter Bianca Bachmann, Bernhard Gruber und Berni Filser für viele Lacher im Publikum, das sie, ohne lang zu fragen, in ihr Programm miteinbauten. Der Widerstand der Zuhörer war schon beim lautstarken Einmarsch des Ensembles mit großer Trommel, Tschinellen, Ziach und Gitarre "gebrochen".
Es herrschte fast eine familiäre Atmosphäre – ganz passend zum ersten Lied, in dem ein verwandtschaftliches Schreckensszenario thematisierte wurde: der Besuch von Tante Hedwig. Ebenso beißend karikierten Jürgen Kirner und Bianca Bachmann zwei alte Bauersleute, die frustriert über die eingekehrte Ödnis und ihre Kinderlosigkeit "großherzig" ein Kind samt Familie aus dem Kongo adoptiert haben, und darauf spekulieren, im Alter dort im Kongo gepflegt zu werden.
Das Ensemble stach noch in viele anderen Wunden, "die keiner lieb hat, die aber grausig schmerzen". So beschrieb das Quartett etwa in einem "volkstümlich schwelgenden Schmachtfetzen", wie sich zwei beim Fronleichnamsfest "gefunden haben – nach einem Murenabgang in den Bergen, die das Haus der Frau samt Mann "weggeputzt" hat. Beste Unterhaltung lieferte auch die Szene, in der Jürgen Kirner und Bianca Bachmann im g’schlamperten Joggin-Freizeitg’wand, mit Wiener Dialekt und Bierflaschen schwingend das Verhältnis einer ehemals leichten Dame und ihres "Buzzies" thematisieren. In einer Mischung aus Kinderlied und Rocksong setzte das Quartett unter dem Slogan "Komm in meine Praxis, wir googeln dich gesund" auch einen Seitenhieb auf ärztliche Kunstfehler. Und auch der Lobbyismus von Konzernen wie Heckler&Koch oder der Deutschen Bank bekommen ihr Fett weg – auch wenn das Ensemble in dem Lied "Jeder ist beeinflussbar" augenzwinkernd den Lobbyismus als notwendig bezeichnet, um den Staat zu lenken – schließlich hätten die Volksvertreter "keine Ahnung". Sarkastisch geht es auch zu, als Kirner den allerletzten Sozialdemokraten im Ortsverein betrauert und Merkel als Schlachterin mit einem Bolzenschussgerät in der Hand beschreibt, die der SPD, die in einer Fixationsbox gefangen sei, den finalen Genickschuss versetzen möchte.
Bayern-Ei-Skandal thematisiert
Bianca Bachmann glänzt nicht nur als kongeniale Partnerin Kirners, sondern setzte auch eigene Akzente: Im Lied "Elli, die Salmonelli" nahm sie sarkastischen Bezug auf den Hygieneskandal bei "Bayern-Ei". Eine solide Basis für die Späße des Quartetts schufen Bernhard Gruber an der Steirerziach und Berni Filser an der Gitarre, der in vielen Zwischensketchen den lispelnden, treuherzigen Brandmaler "Gustl" mimte. Er versuchte, den Otto (Bernhard Gruber) dazu zu bringen, Anja aus dem Publikum zu umarmen – was er allerdings nicht fertigbringt, da Otto eine Art "Umarmungsallergie" hat.
Einen letzten "Hammer" setzte das Ensemble schließlich, als sie dem Publikum empfahlen, sogenannte "Söder rektal Zäpfchen" zu verwenden. Sie würden kleine Würstl groß, zudem radikal und skrupellos machen. Wer wollte, konnte solche Zäpfchen auch gleich von den Mitgliedern der Couplet AG in Empfang nehmen. Angesichts dieses kabarettistischen Feuerwerks war es am Schluss nicht verwunderlich, dass die Zuhörer die Akteure des dienstältesten, mehrfach preisgekrönten Musikkabarett-Ensemble Bayerns, für ihre spielerische Höchstleistung mit lang anhaltendem, begeistertem Applaus bedachten. Bei den gern gegebenen Zugaben war das Publikum ein letztes Mal aufgefordert, kräftig mitzusingen.