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Vor ausverkauftem Haus trat die Couplet AG im Lauinger Stadeltheater auf. Satirisches Prickeln auf der Bühne war dabei garantiert. Vor ausverkauftem Haus trat die Couplet AG im Lauinger Stadeltheater auf. Satirisches Prickeln auf der Bühne war dabei garantiert. (Foto: Hans Gusbeth)

Eine Bayernhymne für Bierbauchträger

Die Couplet AG begeistert das Publikum im ausverkauften Stadeltheater

Am 23. April 1516 trat das bayerische Reinheitsgebot für Bier in Kraft. Auf den Tag genau 500 Jahre später weist Bianca Bachmann im Stadeltheater in Lauingen mit dem Couplet vom „Bierbauch-Hasi“ nach, was ein halbes Jahrtausend bajuwarisches Reinheitsgebot mit den Embonpoints des Starkbiergeschlechts angerichtet hat. Was für ein erotisch-laszives Wampen- und Ranzenfeuerwerk. Man sollte, nein man muss sich einen Bierbauch antrinken und beim nächsten Couplet- AG-Auftritt in die erste Reihe setzen. Bianca, ich trink mir einen Bierbauch an für dich.

Längst ist der Bierbauch-Hasi zur Bayernhymne für Biertrinker geworden. Damit und Couplets wie „Ein Glaserl Eigenurin“ oder dem „Bofrost-Mann“ gelingt der Truppe um Gründer Jürgen Kirner seit 23 Jahren der Siegeszug durch Wirtshäuser und Brettl-Bühnen (bereits 1999 im TiF in Frauenriedhausen). Denn die Couplet AG braut exakt den hintergärigen Sud, der die Gattung Couplet mit dem lebensnotwendigen, satirischen Prickeln erfüllt: perfekter Reim, eingängiger, witziger Refrain, meist bissig und boshaft, oft politisch und gesellschaftskritisch. Braumeister Kirners schuhbeck-derbleckend gewürzte Texte, Bernhard Grubers eingängigen Melodien und Bianca Bachmanns umwerfendes Schauspieltalent verschmelzen auf der Bühne des Stadeltheaters zur Couplet-Präsentation in Vollendung. Karl Valentin hätte seine Freude dran, und selbst den Preissn Otto Reutter und Claire Waldoff würde das gefallen.

Denn beim Ansingen und -spielen gegen intellektuelle Provinz und provinziellen Intellekt wird die Mischpoke der Großkopferten und Kleingeistigen, Schaumschläger und Schandmäuler, Intriganten, Opportunisten und Nassauer gleichermaßen analysiert und parodiert, kujoniert und malträtiert und schließlich dekuvriert. Das beginnt beim Schutzgeld-Rasso vom Inkasso, führte über operationsfreudige Mediziner, notleidende Beamte und Latte-Macchiato-Mütter und endet beim Aiwanger-Deutschkurs, Söder-Rektal-Zäpfchen und dem „bayerischen Überraschungsei“ aus Ingolstadt. Von ungehobelt bis feinsinnig, von Holzhammer bis Florett, das Arsenal der Couplet-Folterinstrumente ist so vielfältig wie die musikalische Begleitung von Maultrommel und Melodika über Gitarre und E-Bass bis hin zur diatonischen Harmonika. Diese Qualität und Perfektion haben inzwischen bis hin zum Sendeplatz (Brettl-Spitzen) im Bayerischen Fernsehen geführt. Das bringt seit 2013 noch mehr Popularität, aber auch Unterlassungsklagen mit Androhung von 250000 Euro Ordnungsgeld durch das Landgericht München I für das Lebensmittel-Couplet von der „Kakerlake Elsa“. Eine Metzgerei aus dem Rottal hatte dagegen geklagt. Was also darf Satire? Kirner ändert den Text, gibt dem Gericht dabei noch eine Watschn mit und wandert weiter auf dem schmalen Grat von juristischer Anfechtung und Schutz durch Artikel 5 des Grundgesetzes.

TV-Popularität birgt aber auch die Gefahr, im Mainstream glattgebügelter Fernseh-Unterhaltung seicht, leicht und political correct unterzugehen. Doch zum Glück war die Couplet AG schon gut, bevor das Fernsehen kam. Und zum Glück verzichtet sie auf der Bühne des Stadeltheaters auch nicht auf ihren running gag „Dahoam“, mit dem sie die Selbstgefälligkeit der verlogenen BR-Selfie- Bayern-Reklame bis zur totalen Ehrlichkeit persifliert. Do is man dann wirklich dahoam.

Additional Info

  • Quelle: Augsburger Allgemeine
  • Autor: Hans Gusbeth
  • Datum: 25.04.2016