Aktuelle Kritik

Beim Auftritt der Couplet AG im Altbau wurden Orden verliehen, aber nicht verschenkt. Auch sonst boten (von links) Bernhard Gruber, Bianca Bachmann, Jürgen Kirner und Bernd Filser so einige Skurrilitäten dar. Beim Auftritt der Couplet AG im Altbau wurden Orden verliehen, aber nicht verschenkt. Auch sonst boten (von links) Bernhard Gruber, Bianca Bachmann, Jürgen Kirner und Bernd Filser so einige Skurrilitäten dar. Harald Langer

Wegducken geht nicht

Die fulminante Couplet-AG mutet ihrem Publikum im Altbau einiges zu – vor allem dem Herren in der ersten Reihe

Irsee Die Couplet-AG ist bekannt in Irsee. Schon oft gastierte die muntere Truppe „in unserem wunderschönen Altbau-Wohnzimmer“, wie Jürgen Kirner, Bianca Bachmann, Bernhard Gruber und Berni Filser gleich eingangs ihres jüngsten Auftritts dort feststellten. Obwohl, oder gerade weil das Publikum wusste, auf wen und auf was es sich
mit dem Besuch der Vorstellung einlassen würde, war der Altbau wieder einmal gesteckt voll. Die Zuschauer erlebten ein zweistündiges kabarettistisches Dauerfeuer aus
Sketchen, Gstanzln und Liedern. Mit ihrem aktuellen Programm „Das Beste“, einer Zusammenfassung von Klassikern und Glanzpunkten aus 25 Jahren, angereichert mit einigen neuen Nummern, traf die Couplet-AG mitten ins Schwarze.

Schwarzer Humor

Apropos schwarz: Eine ordentliche Portion des so gefärbten Humors gab es beim Themenfeld „Alt und älter werden“. Als Mitarbeiter der Elvira Kuppel GmbH boten die Ka-
barettisten interessierten Seniorinnen mit Politgrößen von Schröder bis Stoiber „ausgewählte Exemplare alter Knaben“ als neue Partner an. Oder sie offerierten den Bewohnern des „Hauses Abendrot“ im Auftrag der Pharmaindustrie marktschreierisch Testpräparate.

Natürlich dürfen satirische Betrachtungen zur Rente nicht fehlen. „Haben Sie meine Rente gesehen?“, fragte Kirner verwirrt und im Bademantel. „Wir wollen keine Riester-Rente, wir wollen Riesters Rente haben!“, sangen die Couplets dann und stachelten die Alten zur Revolution auf: „Rentner hört die Signale!“ Eng mit dem Altwerden verknüpft ist die medizinische Versorgung. Prompt landete das Thema gleich mehrfach auf dem Seziertisch der Couplet-AG. Es gebe keine Gesunden, sondern nur unzureichend Untersuchte. Also werde operiert auf Teufel komm raus.

Schließlich wolle man als „Weißkittel“ ja möglichst bald sein Chalet in der Schweiz beziehen. Nicht ganz so lukrativ dürfte die Eigenurin-Therapie des „Heiligen von Windisch-Eschenbach“ sein, die die Couplet-AG recht esoterisch und ausgesprochen feucht auf das Publikum herabregnen ließ. Während die Truppe dann ihre weiß-blauen Orden nach dem Motto „Wer will noch oan?“ nur verlieh („Es ist ja keine Ordensverschenkung!“), durfte das Publikum die reichlich verstreuten, dezent verpackten „Söder Rektal“-Zäpfchen mit nach Hause nehmen.

Dann hatten die Satiriker unter den Zuschauern den Finanzbeamten „Herrn Nowottny“ ausgemacht. Liebevoll attackierten sie ihn an diesem Abend ein ums andere Mal. Vorne sitzen birgt eben Gefahren bei der Couplet-AG, und Wegducken gilt nicht. Singend warb das Quartett auf der Bühne für „Beamtenpatenschaften“. Doch Achtung: „Verlangen Sie einen Untätigkeitsnachweis!“

Auch mit dem oft schwierigen Zusammenleben von Männlein und Weiblein befasste sich die Couplet-AG. Das Stück „Geh, peitsch’ mi“ musste nicht erklärt werden. „Weil ich vor Sucht vergeh’, wenn ich ’nen Bierbauch seh“ auch nicht. Knisternd erotisch machte sich Bianca Bachmann als männermordende russische Olga an den Gitarristen Filser heran und Kirner untermauerte seinen Gesang vom potenten Kleinganoven „Rasso von Inkasso“ mit eindeutigen, heftigen Handbewegungen in den Hosentaschen.

Hommage an Karl Valentin

Nicht alle Sketche und Stücke hatten Tiefgang, mussten sie aber auch nicht. Aber die Couplet-AG ist vokal wie instrumental großartig. Sie sehen sich in der Tradition der Münchner Volkssänger und haben die traditionelle Liedform des Couplets entstaubt. Klar, dass sie dem unvergessenen Karl Valentin mit einigen Wirtshaus-Moritaten, den gebührenden Platz einräumten.

Additional Info

  • Quelle: Allgäuer Zeitung
  • Autor: Klaus D. Treude
  • Datum: 18.01.2018